Pro |
Kontra |
1.)
aus wirtschaftlicher Sicht |
Die
Seilbahn ist mit nur ca. 54 Mio. € Baukosten im Vergleich
zu anderen Systemen - auch gegenüber dem heutigen
stauanfälligen und verbrauchsintensiven Busverkehr extrem
günstig. Bau- und künftige
Betriebskosten können vsl. durch verkehrlich vertretbare
Einsparungen im Busnetz - nicht bei den Linien 603, 613,
615, 625 und 635 vollständig refinanziert werden.
Mit einer
90%-Förderung des Seilbahnbaues wäre ein Eigenanteil von
5,4 Mio. € zu finanzieren. Bei einer Kreditlaufzeit von 17
Jahren ergäbe sich je nach Zinsniveau eine jährliche
Belastung im unteren 6-stelligen Bereich (400.000 -
500.000 €). Eine vergleichbare Kapazität wie bei der
Seilbahn (3.500 Personen pro Stunde und Richtung)
erfordert im Busverkehr 16 Gelenkbusse zum Stückpreis von
300.000 € (Diesel) bzw. 700.000 € (Elektro). Im Vergleich
zur Lebensdauer der Seilbahn von 30 - 40 Jahren fallen
aber mindestens 3 Busgenerationen an, d. h. es entstehen
Fahrzeugbeschaffungskosten von 14,4 bzw. 33,6 Mio €. Der
Fördersatz liegt zwar bei 50%, ein erhöhter Satz für die
Elektrobusbeschaffung dürfte aber nur bei der ersten
Generation gewährt werden, d. h. es sind Eigenanteile von
7,2 bzw. ca. 15 Mio € zu finanzieren. Hinzu kämen einige
Baumaßnahmen zur Beschleunigung des Busverkehrs auf ein
zeitgemäßes und wirtschaftliches Niveau.
Ein
Maßstab für Betriebskosten und Energieverbrauch ist die
installierte Motorleistung: Hier stehen 1.300 KW bei der
Seilbahn 4.640 KW Motorleistung der Busse (Diesel- oder
Obus) gegenüber. Bei Batteriebussen ist durch Verluste
beim Ladevorgang darauf noch ein Aufschlag von 30 - 50%
einzurechnen. Die Personalkosten dürften vergleichbar
sein. Anstelle der Busfahrer und anteilig Mitarbeitern in
den Buswerkstätten würde die Seilbahn Stationsaufsichten
und Techniker benötigen.
Auf der
Einnahmeseite wird die attraktivere und schnellere Fahrt
der Seilbahn Mehreinnahmen in Höhe von 10 - 15% bescheren.
Zugleich trägt die Seilbahn dazu bei, Einnahmen von
jährlich 7 Mio € aus dem Semesterticket auch künftig zu
sichern; diese wären gefährdet, wenn die zunehmend
unzureichende Bedienungsqualität des Busverkehrs den AStA
zur Kündigung des Vertrages veranlassen würde.
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Die
vorliegende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung beschränkt sich
auf eine reine MateriaIkostenaufstellung in der Vorstudie
zur technischen Machbarkeit. Planungs- und Baunebenkosten
werden wenig bis gar nicht erörtert. Aussagen zu
Betriebskosten fehlen, werden bei ähnlichen Projekten auf
rund € 3,5 Millionen geschätzt. Diese Betriebskosten
müssen durch (A) mehr Fahrgäste, (B) Buseinsparungen und
(C) Ticketpreise refinanziert werden. Das notwendige
Fahrgastpotential ist schlicht nicht vorhanden. Um die
Betriebskosten einzuspielen, wären ca. 10 Millionen
zusätzliche Fahrgäste und damit eine Vervierfachung des
jetzigen Fahrgastaufkommens notwendig. Ferner setzt die
WSW mobil eine Einsparung von 12 Bussen an. Dadurch müsste
über die Hälfte der aktuellen Fahrleistungen auf den
Südhöhen bis Sudberg zugunsten der Seilbahn eingespart
werden - ein 30/60-Minuten Takt wäre überall die Folge.
Schließlich ist die Finanzierung über Ticketpreise gar
nicht vorgesehen: Die Seilbahnfahrt soll als ÖPNV-Ticket
nach VRR-Tarif mit € 2,60 angeboten werden. Eine einfache
Fahrt in Koblenz z.B. kostet beim Betreiber Doppelmayr
kostendeckend € 6,50. Die Befüworter werden sagen: ÖPNV
wird immer subventioniert - das ist richtig. Aufgabe des
ÖPNV aber ist die Sicherstellung einer Grundversorgung an
Mobilität für die Allgemeinheit. Eine Seilbahn ist kein
sinnvoller Teil dieser Grundversorgung!
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2.)
aus rechtlicher Sicht |
Eine Seilbahn im ÖPNV ist kraft Gesetzes ein
Element der öffentlichen Daseinsvorsorge wie andere
Verkehrssysteme oder Versorgungsleitungen, das im
Bedarfsfall auch über Privatgrundstücke geführt werden darf.
Für die Überquerung müssen Wegerechte entweder erworben,
oder gegen Entschädigung enteignet werden. |
Das
Seilbahngesetz
NRW ist keine gesetzliche Bedarfsfeststellung für
Seilbahnen in NRW. Der Gesetzgeber setzt lediglich eine
europäische Richtlinie um. Seilbahnen werden weder
privilegiert noch sagt das Gesetz, dass Seilbahnen ohne
weitere Voraussetzung im öffentlichen Interesse liegen.
Dieses muss nach wie vor begründet werden. Auch wenn die
Befürworter es anders sehen: Die "lnformationsoffensive" der
WSW mobil hat das Niveau von Werbebotschaften nicht
überschritten und ist als Planrechtfertigung vollkommen
ungenügend. Realdaten zu Fahrgastzahlen (die selbst dem
Stadtrat vorenthalten werden) sowie Betriebs- und
Projektnebenkosten sind offenzulegen. Ohne diese Daten gibt
es keine Begründung für ein öffentliches Interesse und damit
keine Begründung für erzwungene Wegerechte durch Enteignung
und permanente Einsichtnahme in die persönliche
Lebensführung der Betroffenen. Auch Entschädigungen werden
die Grundrechtsverletzungen nicht kompensieren. Wir erwarten
vom anstehenden Verfahren eine Würdigung dieser Aspekte,
insb. vor dem Hintergrund der Aussage von Herrn Jäger, dass
es keine Enteignungen geben wird. |
3.) aus Sicht der auf den
ÖPNV angewiesenen Südstädter
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Die Seilbahn erbringt deutliche Reisezeit-
und Komfort- Vorteile bei Fahrten vom Hbf zur Uni und zum
Schulzentrum Süd. Die Feinerschließung der Südstadt wird
weiter durch die heute vorhandenen Buslinien
(s. o.) gewährleistet, die mit dem derzeitigen
Bedienungsumfang erhalten bleiben müssen. |
Ausgangspunkt des Seilbahnprojekts war
ein Ideenwettbewerb zur Gestaltung der Lebensbedingungen in
Wuppertal im Jahr 2025. Mit dem Stempel "ÖPNV" war auch
schnell die passende Rechtfertigung der Idee gefunden. Diese
Vorgehensweise stellt eine seriöse Nahverkehrsplanung
komplett auf den Kopf und die Lösung "Seilbahn" vor den
tatsächlichen Bedarf. Was jetzt nicht passt, wird passend
gemacht: Buseinsparungen, Taktzeitverlängerungen und das
Aufbrechen von durchfahrenden Linien sollen den Bedarf für
die Seilbahn erzeugen. Wegzeitenverlängerungen, Umstieg auf
den privaten PKW und sinkende Auslastung des ÖPNV werden die
Folge sein. Die WSW mobil hat die Einsparungen im
Südstadt-ÖPNV skizziert: Linie 645 wird komplett gestrichen,
alle anderen Linien fahren wochentags im 30-Minuten-Takt.
Diese Einsparungen werden nicht ausreichen und durch
60-Minuten-Takte abends und am Wochenende erweitert werden,
um die notwendigen Einsparungen zu erreichen. Wir erwarten
vom anstehenden Verfahren eine Bewertung des
Seilbahnprojekts auf der Basis einer ganzheitlichen
Betrachtung des Nahverkehrsbedarfs in Wuppertal. |
4.) wie Auswärtige Wuppertal
wahrnehmen
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Die Seilbahn verstärkt und erweitert das
für Wuppertal u. a. vorgeschlagene touristische
Vermarktungsmotto "Erlebnisstadt mit der Schwebebahn" um ein
zusätzliches attraktives Element. |
Haben Sie vor dem Seilbahnprojekt in
Wuppertal Koblenz als "Seilbahnstadt" wahrgenommen? Fällt
Ihnen spontan eine andere "Seilbahnstadt" ein? Warum sollte
dann jemand Wuppertal als "Seilbahnstadt" wahrnehmen? Bei
der Vielzahl an "Seilbahn-Abenteuern", die gerade angestoßen
werden, wäre bei erfolgreicher Umsetzung dieser Projekte die
Seilbahn in Wuppertal am Ende nur eine von Vielen. Wenn die
Stadt es in 100 Jahren Schwebebahn nicht geschafft hat,
diese als überregionales Alleinstellungsmerkmal der Stadt zu
platzieren, wird das mit der Seilbahn auch nicht gelingen. |
5.) aus Sicht der Belastung
der Südstadt mit Schadstoffen und Lärm |
Die Südstadt weist eine der höchsten N02-
Konzentrationen im Stadtgebiet auf.
Die aktuelle Verkehrsbelastung beträgt für den
Kiesbergtunnel und die Cronenberger Straße jeweils 16.000
Kfz/Tag. Wenn der Kiesbergtunnel vsl. in 10 Jahren komplett
gesperrt wird, werden auch die Pkw die Umleitung über
Burgholztunnel und Cronenberger Straße nehmen, so dass die
Belastung dort noch weiter zunehmen wird.
Die zu erwartenden Fahrgastzahlen der Seilbahn liegen bei
etwa 18.000 - 21.000 Personen täglich, wovon etwa 15 - 20%
Neuverkehre, d. h. Umsteiger vom Pkw zu anderen
Verkehrsmitteln zu erwarten wären. Die Südstadt kann also
durch die Seilbahn auf eine Entlastung von etwa 3.000 -
4.000 täglichen Pkw- sowie 350 Busfahrten hoffen! Die
Seilbahn selbst verkehrt vollständig abgasfrei und
weitgehend geräuschlos. |
Die Emissionen des Busverkehrs werden
bis 2025 durch E-Busse selbst reduziert - das in der
Trassenführung starre Verkehrssystem Seilbahn wird dann mit
den flexiblen E-Bussen konkurrieren und notwendige
Investitionen blockieren. Die Schadstoffeinsparungen durch
die Seilbahn werden durch den von Taktzeitverlängerungen und
dem Aufbrechen von durchfahrenden Linien forcierten Umstieg
auf private PKW aufgefressen. Die Seilbahn wird elektrische
Energie in der Größenordnung der Schwebebahn benötigen. Die
gleiche Fahrleistung wird von E-Bussen wesentlich
energieeffizienter erbracht werden können. Die Seilbahn ist
keine Zukunftstechnologie - E-Busse werden es sein. |
6.)
aus Sicht der Verkehrsbelastung der Straßen in der
Südstadt
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Eine Verminderung der Verkehrsbelastung
wird nicht eintreten. In ganz Deutschland ist kein Fall
bekannt, bei dem mehr Menschen den ÖPNV nutzen, wenn (A) der
Bustakt ausgedünnt wird, (B) sich die Wegezeiten durch das
Aufbrechen durchfahrender Linien verlängern und (C) durch
zusätzliches Umsteigen die Attraktivität des ÖPNV abnimmt.
Die Seilbahn kann nur von einem Bruchteil der Anrainer
genutzt werden: Von den etwa 30.000 Bewohnern der Südstadt
und Küllenhahn wohnen etwa 1.500 in fußläufiger Entfernung
zu der Mittel- und Bergstation. Für den Rest kommt die
Seilbahn als Busersatz nicht in Betracht. Die Folgen:
Umstieg auf den privaten PKW und Zunahme der
Verkehrsbelastung. |
7.) aus Sicht der
Einschränkungen der Privatsphäre
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Einsichtnahme auf tiefergelegene
Grundstücke ist an sehr vielen Stellen in der Stadt gegeben
(z. B. Nordbahntrasse) und damit in Wuppertal ein völlig
normales Phänomen. Die Seilbahn muss jedoch zumindest analog
zum Baurecht die dort geforderten "Sozialabstände" über den
Häusern einhalten. Auch könnte in den Kabinen ein
"Milchglasstreifen" vorgesehen werden. |
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8.)
aus Sicht der etwaigen Einschränkungen von
Grundeigentumsrechten
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Die von der Seilbahn
überquerten und ebenso die Grundstücke in der Nähe der
Trasse bleiben vollumfänglich weiter nutzbar. Die Wegerechte
sind zu entschädigen, evtl. notwendige Schutzmaßnahmen
zugunsten der Seilbahn trägt das Seilbahnunternehmen. Werden
die unter 8 genannten Mindestabstände nicht eingehalten, ist
ein Komplett-Erwerb der betroffenen Häuser anzubieten. |
Siehe unter
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9.)
aus Sicht der Berührung bzw. Beschädigung des
Quellgebiets des Hatzenbeck-Baches
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Die Stützenstandorte wurden in der
Vorstudie bevorzugt auf städtischen Grundstücken vorgesehen.
Sie können durchaus noch unter Berücksichtigung solcher
Ausschlusskriterien verschoben werden. |
Umweltbelange sind beim aktuellen
"Hurral“ für die Seilbahn nur einer von vielen Aspekten, die
außer Betracht gelassen wurden und dringend auf den
Prüfstand gehören. Die Beschädigung der innerstädtischen
Naturgebiete ist an jeder der sechs Stützen gegeben. Jeder
Wuppertaler muss für sich auch die Frage nach der
ästhetischen Umweltverschmutzung beantworten und ob das
Stadtbild durch die bis zu 70 Meter hohen Stahlgerüste
wirklich "bereichert" wird. |
10.)
aus Sicht der möglichen Umfahrung der
Cläre-Blaeser-Siedlung und des Quellgebiets des
Hatzenbeck-Baches durch abweichende Trassenführung und
zusätzliche Stützen.
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Wir gehen davon aus, dass die hierfür
notwendigen Richtungsänderungen an Stützen schon jetzt
technisch machbar sind, so dass die beiden Konfliktpunkte
umfahren werden könnten. Der hierfür notwendige Mehraufwand
sollte in Kauf genommen werden. Er beträgt ca. 2,5 Mio € und
ist wohl ebenfalls mit 90% förderfähig. |
Die Probleme wären damit nicht behoben,
nur verschoben. Andere Menschen würden in ihren Privat- und
Eigentumsrechten eingeschränkt und die Natur anderswo
beschädigt. Von der Trassenführung unabhängig sind die
wirtschaftlichen Fakten, die gegen die Seilbahn sprechen.
Die WSW mobil hat sich bereits auf die kommunizierte
Trassenführung als einzig wirtschaftlich darstellbare
Strecke festgelegt - jede Abweichung von dieser Trasse
erzeugt zusätzliche Kosten und rechnet sich nicht für die
WSW mobil. Vor der Suche nach einer alternativen
Trassenführung sollte grundsätzlich zuerst der Sinn, Zweck
und Bedarf einer Seilbahn für Wuppertal untersucht und
geklärt werden.
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Anmerkungen
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Nachdem die Bürger von Wuppertal in einer
Bürgerbefragung am
26. Mai 2019 das Seilbahnprojekt mehrheitlich
abgelehnt hatten, hat sich die Bürgerinitiative "Pro
Seilbahn" aufgelöst.
Der Fahrgastverband "Pro-Bahn e.V." veröffentlichte eine
Dokumentation mit dem Titel
" Seilbahnprojekt
Wuppertal"
In dieser Dokumentation
wird das Seilbahnprojekt als sehr vorteilhaft für
Wuppertal dargestellt und es wird bedauert, dass diese
Argumente die Bürger nicht dazu bewogen hatten, das
Projekt zu befürworten.
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Die Seilbahn darf nicht nur gewollt,
ihre Umsetzung muss auch durch belastbare Fakten begründet
sein. Diesen Nachweis müssen die Projektinitiatoren führen.
Wir danken dem Bürgerverein der Elberfelder Südstadt, dass
wir unsere Standpunkte gegen eine Seilbahn darlegen durften.
Mehr Informationen auf der Webseite:
http://seilbahnfreies-wuppertal.de/
Die
Initiative Seilbahnfreies Wuppertal e.V. hat sich im
Juni 2015 aus Bürgern der Stadt Wuppertal gegründet, die
eine Seilbahn über urbanem Gebiet, wie sie in Wuppertal
geplant ist, ablehnen. Nach intensiver Beschäftigung mit
dem Thema kristallisieren sich viele Nachteile und
Fragestellungen heraus, die gegen dieses Projekt in
Wuppertal sprechen.
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