Er
wurde am 31. Januar 1877 gegründet. Leider bestehen aus den ersten
fünfzig
Jahren keine Aufzeichnungen mehr, aber es gibt noch ein
Protokollbuch, das am 2. Januar 1928 mit einer Generalversammlung
beginnt. Gewählt wird Karl Ziegler als 1. Vorsitzender und Wilhelm
Jürges als 1. Schriftführer.
Am
28. Januar 1927 fand im Handelshof die Feier des 50jährigen Bestehens
des Vereins statt. Der große Saal war mit 175 Personen besetzt. Das
Fest bestand aus Abendessen, gesanglichen, musikalischen und
deklamatorischen Vorträgen, letztere von Friedr. Viktor Storck.
Anwesend waren Vertreter der Stadt, des Verkehrsvereins, des Verbandes
der Bürgervereine sowie Vertreter des Unterbarmer Bürgervereins. Das
Fest verlief zur allgemeinen Befriedigung und wurde mit einem Tanz
abgeschlossen.
Im
Allgemeinen befasste sich der Bürgerverein in seinen monatlichen
Sitzungen mit den großen und kleinen Sorgen der Mitbürger.
Im
Februar 1928 wird von einem kunstsachverständigen Mitglied die
beabsichtigte Veränderung des großen Saales der Stadthalle zur Sprache
gebracht und betont, dass eine Beseitigung der Stuckarbeiten nicht
angebracht sei. Bei dieser Gelegenheit wurde von Sangeskundigen
bemerkt, ob die
Akustik nicht mit Stoff über der Bühne verbessert werden könne. Ferner
wird es als vorteilhaft angesehen, ob nicht die Gartenterrasse mit
Glaswänden oder Glasfenstern abgeschlossen werden kann.
Im
März 1928 befasst man sich eingehend mit der Umstellung des Stromnetzes
von 110 auf 220 Volt und die dadurch eventuell herbeigeführte
Benachteiligung der Bürger durch Neuanschaffung von Birnen, Föhnen,
Staubsaugern etc. Bemängelt wird der hohe Strompreis. Gewünscht wird
das Anbringen von Haltestangen in den Vorder- und Hinterabteilen der
neuen Straßenbahnwagen. Immer wieder wird die schlechte Rückfront des
Hauses Döppersberg 32 neben der Bembergtreppe besprochen.
Ende
1928 soll versucht werden, einheitliche Steuertermine, auch für
Nachzahlungen etc. herbeizuführen. Ebenso befürwortet man die
Herausgabe eines einfachen übersichtlichen Kalenders, in dem alle
Steuerarten mit aufklärenden Merkmalen dargelegt werden. Ein Teil
des Flutkanals zwischen Brausenwerth und
Bembergstraße soll
überwölbt werden und
die Wupper zwischen
Döppersbergerbrücke
und Theater ebenfalls,
um Auto(park)plätze zu
schaffen.
Anfang
1929 wird die Frage aufgeworfen, ob es von Seiten des Vereins angängig
ist, ohne in die Politik einzugreifen, die Angelegenheit der
Reparationsleistungen zu verfolgen, zumal diese direkt oder indirekt
jeden Bürger mehr oder weniger betreffen. Im Allgemeinen sei es
aber Aufgabe die Lokalinteressen zu pflegen.
Im
Februar 1929 wird dem Vorstand Mitteilung gemacht, dass ein Lehrer am
Hindenburg-Gymnasium (heute Gymnasium Bayreuther Str.) seinen Schülern
der Quarta (heute 7. Klasse) gesagt habe, Deutschland sei Schuld am
Kriege (1914-1918). Es sollen zunächst weitere Feststellungen gemacht
werden, um alsdann eventuelle Mitteilung an die zuständigen Stellen
ergehen zu lassen.
Am 6. Februar
1929 stirbt der Vorsitzende Carl Ziegler und am 6. Mai 1929 übernimmt
Hugo Müller dieses Amt.
Vom Verband
der Bürgervereine werden im September 1929 folgende Anregungen gegeben:
-
Wahrung der Belange der Stadt Elberfeld innerhalb der neuen Großstadt,
da Elberfeld schon seither als
Mittelpunkt
im
Bergischen Land
sowohl in geschäftlicher als auch in Hinsicht des Verkehrs gegolten
hat.
-
Nach Veröffentlichungen will Barmen den
im Gesetz vorgesehenen Namen
der Großstadt "Barmen-Elberfeld" empfehlen. Dementgegen soll ein
einheitlicher Grundname wie Wuppertal oder Wupperstadt vorgeschlagen werden,
dem der jeweilige Ortsteil wie Wuppertal-Elberfeld beigefügt würde.
Der
Bürgerverein erkennt im Grundsatz die Aufstellung parteiloser
Kandidaten für die Stadtverordnetenwahl an, jedoch wird dies mit
Rücksicht auf manche Schwierigkeiten für nicht spruchreif gehalten.
Dagegen soll der Verband der Bürgervereine ersucht werden, sich dafür
bei den Fraktionen einzusetzen, dass sie ihre
Kandidaten aus den Kreisen der Bürgervereine nehmen.
Im
Jahre 1930 wird am Schwarzen Mann beobachtet, dass Katzen die Vögel
verfolgen. Es wird daher für zweckmäßig erachtet, die Katzen abschießen
zu lassen. An der Ecke Ronsdorfer Str./Adersstr. ist oft zu beobachten,
dass Autofahrer nicht wissen, welche Richtung sie einschlagen müssen.
Die Anbringung von entsprechenden Schildern soll beim
Polizeipräsidenten beantragt werden.
Desweiteren
werden die Preise für das Theaterabonnement im Verhältnis zu anderen
Städten, z.B. Bochum, als zu hoch angesehen. Ganz verschämt heißt es:
"Die Zustände am Thomashof usw. wurden scharf kritisiert" (Z. Erkl.:
Die Straße Thomashof begann gegenüber dem heutigen Tchibo-Laden im
Kipdorf und endete im rechten Winkel auf die Morianstr. (heute durch das
Parkhaus überbaut) hier war im alten Elberfeld das
Prostituierten-Viertel).
Im
Februar 1931 stellt sich der Bürgerverein auf den Standpunkt, dass bei
der Oberbürgermeisterwahl aus Ersparnisgründen nur ein hiesiger
Verwaltungsbeamter in Frage komme. Wunschkandidat ist der frühere OB
Dr. Kirschbaum. An diese Angelegenheit knüpfte sich eine längere
Diskussion über das Parteiunwesen und über den Begriff "Sparsamkeit".
Es wurde der lebhafte Wunsch geäußert, dass bald die Zeit kommen möge,
in der sich die Parteien mehr zusammenschließen.
In dieser
Zeit wird oft an Bettelei und Armut erinnert. Der Bürgerverein stellt
Spenden bereit, die an "verschämte Verarmte" gegeben werden sollen.
Wiederum wendet sich der Bürgerverein wegen der Niederlegung des Hauses
Döppersberg 32 an die Baupolizei.
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Im Januar 1932 hält
Polizeioberwachtmeister Engelhardt ein Referat über: "Wie erziehen wir
das Publikum zur Verkehrsdisziplin?" Es heißt dann weiter: Es ist
vielfach zu beobachten, dass ein Publikum die Straßen nicht, wie
richtig, im rechten Winkel, sondern schräg überquert.
Immer wieder tauchen im Jahre 1932 Fragen der Arbeitslosigkeit auf.
Eine Teillösung wurde dadurch als möglich erachtet, dass die
Hauszinssteuer ganz oder zum Teil fortfällt und den Hausbesitzern
Gelegenheit zur Instandsetzung ihrer Häuser gegeben wird. Die Frage
soll vom Standpunkt der Arbeitsbeschaffung aufgegriffen werden.
Endlich verschwindet die Ruine Döppersberg 32 und es entsteht unter
Architekt Aug. Schumacher ein wunderschöner Neubau im Bauhaus-Stil mit
abgerundeten Baikonen und großen Fenstern. Das Haus wurde beim
Bombenangriff 1943 zerstört und nicht ganz im alten Stil wieder
aufgebaut.
Manchmal sieht man, dass sich gegenüber 1932 nichts verändert hat: Es
wurde bedauert, dass besonders durch die Jugend dem Schmuck der
Waldanlagen nicht die gebührende Schonung entgegen gebracht wurde;
besonders sei die Beschädigung von Bänken zu bemängeln. Auch das
Beschreiben der Häuser mit Kreide und Farbe gab Veranlassung zu
berechtigter Kritik.
Am Dürer-Platz (Uellenberg-Platz) gab es eine Heimchen-Plage, aber die
Farbenfabriken haben auf Veranlassung der Stadt ein Vertilgungsmittel
bereitgestellt.
Am 6. März 1933 sind zur Monatsversammlung nur 6 Herren erschienen und
dies sei wahrscheinlich durch den wenige Tage zuvor stattgefundenen
Reichstagsbrand erfolgt.
Im Jahresbericht 1933 heißt es betont völkisch: Wir dürfen den Bericht
nicht erstatten, ohne des großen Geschehens im abgelaufenen Jahr zu
gedenken: In unserem Vaterland hat sich eine Wandlung vollzogen, die
bei unserer letzten Hauptversammlung nicht abzusehen war. Es ist uns
ein Führer gegeben worden, durch dessen geniale Bedeutung dem deutschen
Reich hervorragende Veränderungen zu verdanken sind. - Wir dürfen und
müssen besonders dankbar sein, weil der Parteienstreit aufgehört hat,
dem wir ohnehin stets abhold waren. - Die Neugestaltungen haben eine
Zeitlang auf die Tätigkeit des Bürgervereins insofern eingewirkt, als
diese in ihren Aufgaben vorübergehend Zurückhaltung üben mussten, vor
allem deshalb, weil jeder von uns sich auf die neue Zeit einstellen
musste, sei es aus geschäftlichen oder anderen Gründen, und infolge
dessen das Interesse für den Bürgerverein mehr oder weniger zurücktrat.
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Gleichzeitig heißt es aber auch: Für
die Zukunft werden
folgende Fragen beschäftigen müssen:
- Können
die Bürgervereine ihre bisherige Tätigkeit
unverändert
weiterführen? Oder müssen sie sich
- auf
andere
Aufgaben umstellen?
Dies würde ihrem Sinn
widersprechen. Die Vereine müssen sich im Rahmen der Gemeinnützigkeit
halten, ohne Rücksicht auf konfessionelle und persönliche Fragen.
- Kann
die Zahl der
Bürgervereine erhalten bleiben, oder
empfiehlt es sich
- im
Hinblick auf die Vereinfachung aller
Organisationen, welche die NSDAP anstrebt, eine
Zusammenfassung der Vereine in Arbeitsgemeinschaften?
- Inwiefern
ist eine Mitarbeit des B.V. für das
Allgemeinwohl möglich?
- Kann
die Arbeit des B.V... auf die NSDAP-Zellen
übergeleitet werden oder ist es nicht so, dass die Obliegenheiten des
letzteren ganz andere sind als diejenigen des B.-Vereins?
- Genügt
es nicht, wenn die B.V. wiederholen, dass sie selbstredend
auf Grund
ihrer
bisherigen Arbeit bedenkenlos auf den Boden des
III. Reiches stellen.
Man wehrt sich also durch die Vereinnahmung der Nazis.
Im Februar 1934 wird über Fragen des Luftschutzes eingehend diskutiert,
aber ohne wesentliches Ergebnis. Die Meinungen über dessen
Notwendigkeit gehen auseinander.
Am 30. Juli 1934 verstirbt der Vorsitzende Hugo Müller. Der B.V. kämpft
für Erhaltung des Neumarkts in der bisherigen Form und gegen die
Einrichtung als Parkplatz.
Im Jahresbericht für 1934 liest man u.a.: Die Frage des Weiterbestehens
der B.V.s hat im Laufe des Jahres mehrfach im Vordergrund gestanden.
Bisher sind aber keine entscheidenden
Anzeichen für ihre Aufhebung bekannt geworden.
Am 7. Januar 1935 wird Herr W. Jürges zum Vorsitzenden gewählt.
Zwischendurch sei erwähnt, dass nun jedes Jahr ein Ausflug veranstaltet
wurde und man begann, sich jährlich einmal zu einem gemütlichen Abend
zu treffen.
Unter dem 2. Dezember 1935 wird berichtet: Im Vereinslokal bei Herrn
Reith fand heute ein gemütlicher Vereinsabend mit Damen statt. 35
Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Abendessen: Goulasch mit Salaten (für
die Teilnehmer 1 RM, vom Wirt berechnet 1,30 RM). Sehr gute
Zubereitung. Schöne Tischdekoration. Sehr schöner Verlauf; harmonische
Stimmung. Wiederholung erwünscht.
Im Jahre 1936 wird gewünscht, dass der Autoverkehr durch das Gelpetal
möglichst beschränkt wird zur Erhaltung der Idylle dieses Tales.
Andererseits waren einige Mitglieder der Meinung, dass auf die Dauer,
zur Heranziehung des Fremdenverkehrs, eine Befahrung nicht verhindert
werden könne. Auch dort frei umherlaufende Hunde verärgern die
Mitglieder. Eventuell soll der Kreisjägermeister in Kenntnis gesetzt
werden. Am 8. Juni 1936 wird unter dem eigentlichen Protokoll noch ein
Punkt angeführt, in dem es heißt: Es wurde mitgeteilt, dass der OB
Fiedler, München, (Vorsitzender des deutschen Gemeindetages) in einer
Rede gesagt habe, dass es nicht angehe, in der Bürgerschaft fest
verankerte Bürgervereine aus Organisationsgelüsten zu zerstören. Im
Jahresbericht 1936 steht nur ganz kurz: Bestand der Bürgervereine
(Versammlung mit
Kreisleiter Feick/Hinweis auf OB Fiedler). Man sieht, wie vorsichtig
jeder geworden ist. Meinungen werden nicht mehr dargelegt, sondern auf
Personen, die eine Aussage gemacht haben, hingewiesen.
Auch 1937 beschäftigen den Bürgerverein die kleinen und großen Dinge im
Bezirk wie freilaufende Hunde, unpünktliche Straßenbahnen, Vermehrung
der Tauben, mangelnde Beleuchtung auf dem Bahnhofsvorplatz etc.
Das Fest des 60jährigen Vereinsbestehens wurde am 6. November 1937
gefeiert. Wörtlich ist protokolliert: Heute fand bei Herrn Reith das
Fest des 60jährigen Bestehens statt. 55 Teilnehmer. Abendessen: Suppe,
Roastbeef mit 5erlei Gemüse, Schokoladenpudding. Verlosung: Jedes Los
gewonnen, so geistreich waren die Geschenke. Unterhaltende Musik.
Vorträge. Dekoration: Reichsflagge. Sieg Heil auf den Führer. Allgemein
zufriedener Verlauf; das kam darin zum Ausdruck, dass um 3 Uhr früh
kaum Gäste sich entfernt hatten.
Am 1.12.37 gibt es eine Besprechung bei der Kreisleitung der Partei und
Richtlinien werden davon erwartet. Aber es herrscht Freude darüber, dass
nach Klarstellung an eine Weiterarbeit der Bürgervereine gedacht ist.
Unter dem 8. Mai 1939 wird nur kurz
bemerkt: Der Vorsitzende berichtet
über die Besprechung bei der Kreisleitung. Im Übrigen ist festzuhalten,
dass sich der Bürgerverein immer wieder dem Griff der Partei entzieht.
Zu Beginn des Krieges am 6. November 1939 wird beklagt, dass zwei
Monatssitzungen wegen dieses Ereignisses ausfallen mussten. Wie zu
erwarten, werden Fragen des Luftschutzes erörtert und der
Hausdurchbrüche (Im Keller mussten die Wände zu den Nachbarhäusern als
Fluchtmöglichkeit durchschlagen werden). Im Übrigen wird der
Kreisleitung der NSDAP empfohlen, die Bürgervereine weiter arbeiten zu
lassen.
Im Jahre 1940 brechen die
Aufzeichnungen mit dem Hinweis ab, man habe
sich zwar monatlich getroffen, aber ohne besondere Tagesordnung.
So endet die Geschichte eines der ältesten Bürgervereine im Tale. Es
fand sich nach 1945 kein Neugründer. Der Bürgerverein der Südstadt
übernahm Tradition und Aufgabe dieses Vereins.
H. J. Thias
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