Und auch Seilbahnen sind empfindlich für Gegenwind. Man wusste vom Schicksal eines ähnlichen Versuchs in Hamburg: Hier musste man erst 2014 nach erheblichem Widerstand vom luftigen Vorstoß Abstand nehmen. Für die unterlegenen Gondelfreunde hieß das schlicht Unkenntnis und Panikmache. Und so war denn auch im vorigen Mitteilungsheft unseres Bürgervereins von einiger Selbstgefälligkeit beim Vortrag des in Frage kommenden Seilbahnunternehmens zu berichten. Inzwischen, so scheint es, ist die öffentliche Meinung als Faktor entdeckt; als Strategie gilt entsprechend: Bürgerbeteiligung. Ob "Beteiligung“ indes Mitbestimmung bedeutet oder eher Einbindung in ein längst favorisiertes Wunschprojekt: Das ist wohl eine Frage, die sich beim beliebten Wort von der Transparenz auch ganz grundsätzlich stellen lässt. In den letzten Monaten luden die beteiligten Institutionen wiederholt zu Informationsveranstaltungen – darunter an die Universität oder auch ins Altenzentrum St. Suitbertus. Fürsprecher vom Fach stellten ihre Sicht vor, und auch zu kritischen Fragen gab es Gelegenheit. Gern genutzt wurde das von Anwohnern der Gegenden, über die Bahnleitungen verlaufen würden: Eigentümer von Grundstücken etwa rund um die Cläre-Blaeser Straße sehen den Wohnwert ihres Eigentums gefährdet. Aus diesen recht aktiven Kreisen gründete sich zudem eine Initiative "Wuppertal braucht keine Seilbahn“. Und auch hier blieben die Befürworter nicht untätig: Prompt kam der Konter einer Gegenbewegung, die sich den Einsatz pro Seilbahn auf die Fahnen geschrieben hatte. Der Eindruck, dass das Vorhaben also ebenso gut Rückhalt in der Bevölkerung finde wie Skepsis, lag da auf der Hand. Er relativiert sich allerdings durch die Tatsache, dass hinter der GegenGegen-Gruppierung zentrale Akteure des Bahnprojekts stehen – nicht gerade der klassische Fall einer Bürgerbewegung. Fairerweise ist aber festzuhalten: Gehör zumindest finden die Kritiker in der Tat. Ein Nachmittag in der Aula des Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasiums etwa zeigte: Man will die Seilbahn, ja, aber Einwände nimmt man ernst – und sei es nur aus taktischer Not. Grafiken und Tabellen auf Wänden und Tafeln gaben explizit Antworten: Dargestellt war zum Beispiel die anvisierte Trassenführung mit Tal- , Mittel- und Bergstation mit vier Zwischen-Stützpfeilern; gegenüber 60 Metern an der Uni würde die Bahn auf dem Weg streckenweise auf 25 Meter über dem Grund herabsinken. Die Lärmbelastung beim Bahnbetrieb wiederum wurde durch Daten relativiert: Ihre Dezibel-Höhe entspreche lediglich einer "Nähmaschine“, las man als Vergleichsgröße, oder auch mit Einschränkung einem "Gruppengespräch“. Wobei: Gespräche? Nähmaschinen? Eine erboste Anwohnerin vor Ort vermochten derlei Details gar nicht erst zu interessieren. Doch die Auskunftsangebote waren da, und für verbliebene Fragen mühten Ansprechpartner quer durch den Raum sich redlich. Was eben auch heißt, dass manche Bedenken keineswegs ausgeräumt werden konnten. Die Befürchtung etwa, eine Seilbahn ginge auf Kosten der Verkehrsversorgung in der Südstadt, bestätigt sich im Grundsatz: Buslinien zur Uni würden zugunsten einer Alternative Seilbahn wenn nicht gestrichen, so aber doch in der Taktung ausgedünnt – und für ÖPNV-Nutzer etwa Richtung Blankstraße oder Friedenshain sind zwei Seilbahnstationen an Grifflenberg und Hahnerberg nun einmal keine wirkliche Alternative. Keineswegs eine Luftnummer ist weiterhin auch der Einwand, die veranschlagten Kosten seien kaum zuverlässig zu beziffern und daher ein recht unsicherer Faktor: Schon mögliche Forderungen besagter Anwohner könnten den Aufwand schnell in die Höhe treiben und forsch benannte Beträge überholen. Bringt Transparenz also Klarheit zur Mitbestimmung, könnte man fragen – oder eher wolkige Beschwichtigung? Konkret nach der realen Chance zum Mitentscheiden gefragt, versicherte eine Dame in der Dörpfeld-Aula, dass die Bahn nicht kommen werde, wenn der Bürgerwille dagegen sei. Und Holger Stephan, dem Sprecher der Stadtwerke, entfuhr später gar ein (aus seiner Sicht) düsteres: "Dann ist die Seilbahn tot.“ Bei aller Skepsis: Keineswegs ist ja gesagt, dass eine Seilbahn schlecht für die Stadt (oder die Südstadt) wäre. Der von den Machern vermittelte offene Eindruck wirkt jedenfalls angenehm, eigentlich nur angemessen. Auch gegen allzu euphorischen Bahn-Enthusiasmus, der Kritiker in den sozialen Netzwerken gern schon mal in die Ecke der Fortschrittsverweigerer stellt – und zuweilen auch skurrile Blüten treibt: Auf der aktuellen Broschüre für Erstsemester sehen erstaunte Neu-Wuppertaler scherzhaft eine Fotomontage, in der schon heute eine Seilbahnkabine munter ihre Runden über den Campus zieht. Und das ist dann ja dann doch zumindest etwas schnell. Martin Hagemeyer
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Mehr Informationen: Kriterien für die Meinungsbildung zum Seilbahnprojekt Informationen über das Seilbahnprojekt in der letzten Ausgabe der Vereinszeitschrift: Diskussion über alternative Routen der Seilbahn Initiativseite der WSW mobil GmbH: Beitrag von Professor Fiedler im Forum des Bürgervereins: Wikipedia zur möglichen Seilbahn in Wuppertal Darf eine Seilbahn über bewohnte Gebiete schweben? Machbarkeitsstudien: |